BSA NÖ-Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Wolfgang Motz im Gespräch mit DI Kurt Misak, Abteilungsleiter Versorgungssicherheit der Austrian Power Grid AG (APG), über die Gefahr eines großflächigen Stromausfalls in Österreich.
Herr Misak, der Krieg in der Ukraine sowie die damit einhergehende Energiekrise haben die sichere Stromversorgung wieder in das öffentliche Interesse gerückt. Was versteht man unter einem Blackout und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich in Österreich in naher Zukunft ein solches ereignen wird?
Unter einem Blackout versteht man einen großflächigen, überregionalen Stromausfall unabhängig von dessen Dauer.
Die APG hat den gesetzlichen Auftrag, für die sichere Stromversorgung in Österreich zu sorgen.
Österreichs Versorgungssicherheit liegt mit einer Stromnetzverfügbarkeit von über 99,99 % im weltweiten Spitzenfeld. Die sichere Stromversorgung ist die Basis unserer modernen, nachhaltigen, digitalen Gesellschaft.
Die Frequenzstörung vom 8. Jänner 2021 hat uns jedoch vor Augen geführt, dass lokale, unvorhersehbare Ereignisse zu ernsten Krisensituationen führen können.
Gleichzeitig haben die vorgesehenen Schutzmechanismen auf europäischer Ebene bzw. die von den Übertragungsnetzbetreibern europaweit akkordierten Maßnahmen gezeigt, dass wirüber gute Instrumente auf nationaler und internationaler Ebene bei derartigen Krisen verfügen.
Welche Gründe kann ein Blackout haben?
Ursachen für ein Blackout sind immer entweder der Zusammenbruch des Stromnetzes oder ein unvorhergesehenes starkes Ungleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch.
Wichtig ist, dass unser Stromnetz eine sogenannte n-1-Sicherheit aufweist. Das bedeutet, das System muss den einfachen Ausfall eines Elements im Netz, eines Kraftwerks oder einer Leitung verkraften können.
Bei überraschend schnellen Änderungen der Produktion oder bei extremen Lastflüssen quer durch das europäische Höchstspannungsnetz kommt es zu starken Netzbelastungen, die durch Regelung bzw. Gegensteuerung mittels dafür geeigneter Kraftwerke ausgeglichen werden müssen.
Im Grunde können also technische Ursachen, Naturkatastrophen, Cyberattacken und Terrorangriffe einen großflächigen Stromausfall herbeiführen.
Welche Auswirkungen hat ein Blackout auf das öffentliche Leben?
Da unser gesamtes Leben auf Strom aufgebaut ist, ist jeder betroffen, der nicht selbst für entsprechende Notstromaggregate gesorgt hat.
Denken wir etwa an Aufzüge, Verkehrsmittel, Computer, Arbeitsgeräte, Beleuchtung, Ampelanlagen, Tunnelsteuerungen, Kamera- und Verkehrsleitsysteme.
Ein Blackout hat vor allem in Abhängigkeit von seiner Dauer sofort Auswirkungen auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens, weil neben Licht, Wasser- und Abwasserversorgungspumpen, Lüftungsanlagen, Produktionsbetrieben, Kaufhäusern, Bankomaten etc. auch
elektrizitätsbetriebene öffentliche Verkehrsmittel, wie U-Bahnen, Straßenbahnen und weitgehend auch der Zugverkehr sofort ausfallen. Auch auf Festnetz- und Mobiltelefonie kann dann nicht mehr gezählt werden.
Gibt es seriöse Berechnungen, was ein Blackout kostet?
Das Energie-Institut an der Johannes-Kepler-Universität hat im Projekt „Blackout in Österreich“ die wirtschaftlichen Folgen von großflächigen Ausfällen im österreichischen Stromnetz analysiert.
Würde an einem Wochentag der Strom von 9 Uhr an über 24 Stunden ausfallen, würde sich der volkswirtschaftliche Schaden laut Black-Out-Simulator für Österreich auf 1,13 Milliarden Euro belaufen.
Was machen Sie genau, um Österreich Blackout-sicherer zu machen, und wie lange dauert ein Netzwiederaufbau?
Wir haben hoch qualifiziertes Personal sowie sehr gut durchdachte und bewährte nationale und internationale Betriebsführungs- und Schutzkonzepte. Dazu kommen gemeinsame Simulationstrainings sowie regelmäßige Krisenübungen gemeinsam mit allen relevanten Akteuren des Energiesystems.
Unsere Simulationstrainings zeigen, dass wir in der Lage sind, das Stromnetz binnen 12 bis 24 Stunden wieder in einen ordentlichen Betriebszustand zu bringen und somit die sichere Stromversorgung wieder herzustellen.
Wesentliche Faktoren der sicheren Stromversorgung in Österreich sind der Aus- und Umbau der Strominfrastruktur sowie die Nutzung modernster Technologien.
Nur wenn wir entsprechende Höchstspannungsleitungen in Österreich verfügbar haben, verfügen wir auch in Zukunft über die Reserven, die wir für den Krisenfall brauchen.
Deswegen sind Projekte wie etwa die Salzburgleitung besonders wichtig.
Bis 2034 investiert APG in den Um und Ausbau der überregionalen Strominfrastruktur rund 9 Milliarden Euro.
Herr Diplomingenieur Misak, ich danke für das Gespräch!